Die Realität ist Verhandlungssache

Das zumindest sagt Tim Ferriss. Und wenn man erst einmal mit Grenzen und dem sogeannten „Unmöglichen“ herumexperimentiert, wird man schnell feststellen, dass die Mehrheit dieser „Grenzen“ einfach nur eine Ansammlung von sozial konstruierten Regeln ist.

Und diese könne man jederzeit brechen. Tim Ferriss stellt in seinem Blog „Tim Ferriss‘s 4-Hour-Workweek and Lifestyle Design“ einen Ausschnitt aus seinem neuen Buch „Tools of Titans“ vor, der sich mit 17 „unmöglichen“ Fragen beschäftigt, die sein Leben aber grundlegend verändert haben sollen. Einige dieser Fragen sollen hier aufgegriffen werden.

Nr. 1: Was wäre, wenn ich für 48 Stunden genau das Gegenteil machen würde?

Nach seinem Studium hat Ferriss bei einem Speicherdatenanbieter gearbeitet und für diesen Telefonakquise gemacht. Dabei habe er sich zwar den Arsch aufgerissen – zumeist aber ohne Erfolg. Dann habe er gemerkt, dass sämtliche Verkäufer des Unternehmens zwischen 9 und 17 Uhr arbeiteten, genauso wie die Leute, die in den Vorzimmern der CEOs und Technischen Direktoren saßen.

Also beschloss er, einfach mal für 48 Stunden in der Woche genau das Gegenteil und die Verkaufsanrufe außerhalb dieser Zeit zu machen. Das sei äußerst erfolgreich gewesen, da die Chefs die Telefongespräche oftmals direkt annahmen. Das Prinzip habe er auch auf andere Bereiche seines Verkaufsjobs angewandt.

Nr. 2: Wofür gebe ich unglaublich viel Geld aus? Wie kann ich Nachfrage sicherstellen?

Zu Beginn 2001 habe ihn das Start-up-Fieber gepackt, weshalb er sich gefragt habe, wofür er verglichen mit seinem Einkommen viel zu viel Geld ausgebe und sich quasi preisunempfindlich zeige. Das waren für ihn und auch seinen Freundeskreis ganz eindeutig Nahrungsergänzungsmittel für Sportler. Also fragte er sich, ob er nicht beides verbinden könne – Start-up und Sportergänzungsmittel.

Er habe, da er ja selbst Konsument war, gewusst, welche Werbung funktionieren würde, was noch nicht auf dem Markt war. Daher habe er seine Kollegen angebettelt, ihm mindestens eine Flasche seines Mittels abzunehmen. Mit dem vorgeschossenen Geld konnte er Chemiker und Berater engagieren und einen Probelauf starten. Am Ende habe er BrainQuicken entwickelt und zur Produktion gebracht.

Nr. 6: Was wäre, wenn ich Geschäftsentscheidungen bis 100, 200, 1000 USD an meine Mitarbeiter delegiere?

Bis 2004 war er alleiniger Entscheider innerhalb seines Unternehmens, das sei anstrengend und zeitaufwendig gewesen. Daher habe er beschlossen kleinere Aufgaben abzugeben und seinen Mitarbeitern per Mail mitgeteilt, dass er ihnen vertraue und diese daher Geschäftsentscheidungen bis 100 Dollar eigenständig fällen dürfen. Für Ferriss, der sich schon mehrfach als „zwanghaften Perfektionisten bezeichnet hat, ein schwerer Schritt. Daher hat er die jeweiligen Entscheidungsprozesse und Kosten in einem Bericht festhalten lassen.

Da die Welt dadurch nicht unterging, hob er die Grenze später auf 200 und dann auf 1000 Dollar an. Die Berichte wurden erst wöchentlich, dann monatlich und quartalsweise gelesen und schließlich komplett weggelassen. Das habe ihm zweierlei gelehrt:

1. Um große, wichtige Dinge tun zu können, muss man kleine, schlechte Dinge zulassen können.
2. Der IQ von Menschen scheint anzusteigen, wenn man ihnen Verantwortung übergibt und ihnen gegenüber andeutet, dass man ihnen vertraut.

Nr. 11 — Was passiert, wenn ich nur „streichen“ kann, um ein Problem zu lösen?

Bei vielen der Start-ups, mit welchen er vor allem zu Beginn zusammenarbeitete, wollte er unbedingt die Conversion-Rate verbessern. Bei einem fehlte es aber nach einem Redesign an Personal, um beispielsweise die Webseite entsprechend anzupassen. Er dachte sich: Neue Elemente kosten Zeit und Personal, welche herauszunehmen dagegen so gut wie Nichts.

Also wurden etwa 70 Prozent der direkt sichtbaren Elemente („above the fold“-Elemente) entfernt, um die Seite auf den wichtigsten, wertvollsten Klick auszurichten. Die Conversion-Rate verbesserte sich schlagartig um 21,1 Prozent. Ferriss habe diese Methode in andere Bereiche seines Lebens integriert, oftmals auch im Rahmen einer Umformulierung wie: Was sollte auf meine Not-to-do-Liste?.

Nr. 13: Jage ich Antilopen oder Feldmäuse?

Diese Frage habe er bei Newt Gingrich, dem ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses, entlehnt. Sie sei laut Ferriss bei der Ausrichtung der Strategie behilflich, um sich auf die „großen Dinge“, die Antilopen, zu konzentrieren, während die kleinen Feldmäuse außer Acht gelassen werden. Ein Löwe könne natürlich Feldmäuse jagen und diese auch essen. Aber die Energie, die dieser dazu verwenden müsse, übersteige die Energie, die er durch das Fressen der Feldmaus gewinnen würde. Daher würde ein Löwe, der den ganzen Tag Feldmäuse jagt, im Endeffekt langsam verhungern.

Die Jagd auf Antilopen erfordert zwar mehr Energie und Aufwand, wenn diese aber erst einmal erlegt wurde, stehe für die Löwenfamilie ein Festmahl an. Diese Unterscheidung sei auch im Tagesgeschäft wichtig und man sollte sich am Ende des Tages immer fragen: „Habe ich heute Feldmäuse oder Antilopen gejagt?“. Ferriss sagt, er frage sich beispielsweise jeden Tag, wenn er am Morgen seine To-do-Liste anschaue: „Welche dieser Aufgaben muss ich zuerst erledigen, um die Umsetzung der anderen zu vereinfachen oder sogar irrelevant werden zu lassen?“.

Hier sind lediglich ein paar der Fragen vorgestellt worden. Wer sich auch die anderen Fragen auch anschauen möchte, findet diese unter:
http://tim.blog/2016/12/07/testing-the-impossible-17-questions-that-changed-my-life/

Aus dem Buch:
Tools of Titans: The Tactics, Routines, and Habits of Billionaires, Icons, and World-Class Performers: https://toolsoftitans.com/